von Lars Bodendiek•21.11.2024•7 Minuten
Das Red Bull 400 ist das wohl ungewöhnlichste, kürzeste und härteste Laufevent auf Erden. Wie wir uns in der Gluthitze von Bischofshofen bei 33 Grad Celsius geschlagen haben, könnt ihr im folgenden Erfahrungsbericht zum Red Bull 400 Bischofshofen nachlesen.
Schon im Vorfeld zum Red Bull 400 war uns klar, dass dieser Laufevent eine extreme und noch nie dagewesene Belastung für unseren Körper und Geist darstellen wird. Genau deshalb haben wir uns mit CrossFit ein ebenso intensives Training zur Vorbereitung ausgesucht. Obwohl sich Coach Dix in den Monaten der Vorbereitung auch mächtig Mühe gegeben hat, alles aus uns herauszuholen, so war das Training im Nachgang zum Red Bull 400 nur als ein sehr intensives Warm-up zu verstehen. Die Belastung ist beim Red Bull 400 schlicht kaum in Worte zu fassen. Diesen Lauf muss man einfach erleben!
Am Tag des Events war die Vorfreude und Anspannung enorm. Schließlich haben wir noch nie bei so einer Art von Laufveranstaltung teilgenommen. Mit der absoluten Ungewissheit darüber was uns erwartet, haben wir noch beim Frühstück darüber diskutiert, welche wohl die beste Taktik und die besten Laufschuhe sein würden, um die Skisprungschanze auf effektivste und schnellste Weise zu bezwingen. Das Ziel war schließlich klar definiert, ein Ausscheiden in der Vorrunde undenkbar, die Finalrunde muss her.
So haben wir uns voller Spannung auf den Wag nach Bischofshofen gemacht. An der Skisprungschanze angekommen hat es uns zum ersten Mal die Sprache verschlagen. Als Flachländer (Berlin) sind wir weder Berge gewohnt, noch haben wir eine Skisprungschanze jemals live von unten gesehen.
Nachdem wir ohne langes anstehen unsere Startunterlagen abgeholt haben, ging es auch direkt an die Vorbereitung. Selbst dabei wollten wir nichts dem Zufall überlassen, von wärmender Salbe für die Gelenke, über Kompressionssocken bis hin zur Kompressionsshort wurde getuned was das Zeug hält.
Noch schnell ein Red Bull gezischt und schon ging es zur ersten Begehung auf die Schanze. Langsamen Schrittes sind wir die Skisprungschanze einmal über die komplette Distanz aufgestiegen. Den Himmel in greifbarer Nähe und dem „Abgrund" so nahe, wurde uns vor dem Start nun noch einmal so richtig Respekt vor diesem Lauf eingeflößt. Ein Hang der so steil ist, dass man ihn nur auf allen Vieren hochkommt, eine Gluthitze, die den Schweiß in strömen fließen lassen hat und ein Puls der schon bei langsamen Tempo zu Höchstleitungen angetrieben wurde - einfach Wahnsinn!
Zeit für ein paar coole Erinnerungsbilder hatten wir natürlich trotzdem.
Wir hatten das Glück erst die Startslots 4, 5, 6 und 7 zu besetzten. Somit hatten wir die Möglichkeit aus den Fehlern der anderen Teilnehmer zu lernen. Der größte Fehler war augenscheinlich der, dass viele der Teilnehmer zu früh aufs Gas gedrückt haben. Mit Ausnahme der Profis gab es keinen Starter, der die Führung bis zum Schanzentisch halten konnte.
Unsere Devise lautete daher beim Start zu versuchen in der Masse mitzulaufen, um am Ende das Tempo konstant halten zu können bzw. noch Luft zu haben, um das Tempo etwas anziehen zu können.
Bevor ich an der Reihe war hatte ich noch das Glück ein Foto mit dem späteren Champion Ahmet Arslan (3:17 Minuten) zu machen. Dieser besetzte gleich den ersten Slot und konnte sich mit einer Zeit von knapp über 4 Minuten locker für das A-Finale qualifizieren. Wie das Final-Ergebnis zeigt war der Vorlauf für Ahmet jedoch nur ein Spaziergang.
Als ich dann den Startbereich betreten habe war ich extrem aufgeregt. Mein Herz hat wie wild gepocht. Nicht zu Wissen, was auf einen zukommt, wie der Körper auf diese extreme Belastung reagieren würde, ob man überhaupt in der Lage ist, diesen Höllenritt zu bestehen hat den Puls schon vor dem Start hochschnellen lassen.
Nachdem Start habe ich mich wie geplant im Mittelfeld einsortiert. Auf den ersten 100m ist es mir im Vierfüßlergang sogar noch gelungen einige Mitstreiter zu überholen. Doch beim ersten Blick nach oben wurde mir klar, dass dies nicht mein Tag sein würde. Die Luft war schon jetzt extrem knapp und die Schlacht noch lange nicht geschlagen. Die nächsten Meter haben sich wie Kaugummi gezogen, bei jedem weiteren Blick nach oben dachte ich auf der Stelle zu treten. Der Gipfel war noch in weiter Ferne.
Kurz vor dem Schanzentisch nach etwa 200m war ich nicht mehr in der Lage das Tempo zu halten und habe viele Plätze verloren. Als nächstes ging es in Richtung Schanzentisch und damit galt es die letzten 200m zu erklimmen. Jeder einzelne Schritt fühlte sich nun so an, als ob Betonklötze an den Füßen hängen. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich mir nichts mehr als ein Sauerstoffzelt gewünscht, so knapp ist die Luft inzwischen geworden.
Die finalen Meter waren ein wahrhaftiger Kampf gegen den inneren Schweinehund. Zum Glück haben mich meine Mitstreiter auf den letzten Metern ordentlich angefeuert. Das hat die Moral in dieser extremen Situation noch einmal unglaublich gestärkt. Für einen kurzen Moment hatte ich sogar noch überlegt die Person vor mir zu überholen, da ich dem Läufer direkt auf den Fersen war. Obwohl dies nur drei oder vier Schritte gewesen wären, war ich jedoch nicht mehr in der Lage dazu, sonst wäre ich an Ort und Stelle umgefallen. Ein echter Höllenritt! Nach 6:19 Minuten habe ich dann endlich die Ziellinie auf dem Schanzentisch erreicht. Damit war ich zwar deutlich schneller als erwartet aber für das Finale hat es mit dieser Zeit noch lange nicht gereicht. Im Ziel auf dem Schanzentisch angekommen wurden alle Teilnehmer von ihren Emotionen und den Anstrengungen überwältigt. Die Strapazen waren allen Teilnehmern buchstäblich ins Gesicht geschrieben. Schmerzverzerrte Gesichter, sich übergebende und auf dem Boden liegende und um Luft schnappende Teilnehmer waren im Zielbereich ein ganz normaler Anblick.
Muskulär hatte ich persönlich kaum Probleme. Mir hat vielmehr die unglaubliche Hitze zu schaffen gemacht. In Verbindung mit der enormen Anstrengung hat es mir schlicht die Luft zum atmen geraubt. Team Trophy Runners Mitglied David W. ist es mit 5:15 Minuten dennoch gelungen sich für das B-Finale zu qualifizieren. Allerdings war er nach dem Vorlauf so platt, dass er für 15 Minuten kein einziges Wort mehr gesprochen hat und sich dann auch nicht mehr in der Lage fühlte die Skisprungschanze noch ein zweites Mal zu bezwingen. Schade!
Im dem eigens für die Teilnehmer abgesteckten Athletenzelt haben wir es uns nach den Läufen erst einmal bei einem alkoholfreien Bier, ein paar Red Bull und mit Kaiserschmarrn gut gehen lassen. Dank der aufgestellten Monitore konnte man auch von hier das weitere Geschehen verfolgen und sich in Ruhe regenerieren. Einfach top!
Der Red Bull 400 ist ein extrem anspruchsvoller Laufevent, den es so ganz sicher kein zweites Mal auf Erden gibt. Wer auf der Suche nach einem völlig neuen Kick ist, kommt hier zu 100% auf seine Kosten. Doch nicht nur der Lauf selbst war der Kracher, auch die Organisation wurde bis ins letzte Detail perfekt umgesetzt. Keine langen Wartezeiten bei der Abholung der Startunterlagen, eine perfekt präparierte Piste, ausreichend Parkmöglichkeiten, pünktliche Startzeiten, eine tolle Stimmung und eine erstklassige Verpflegung machen das Red Bull 400 zu einem Pflichttermin für alle Grenzgänger!